Es gibt fünf Heilskräfte (indriya), die auf dem Buddha-Weg entwickelt und ausgereift werden.

Diese fünf Heilungseigenschaften fördern den Menschen in dem Maße, wie sie ausgebildet sind, auf dem Weg, den der Buddha weist. Sie entstehen unter dem Einfluss der heilenden rechten Anschauung, also unter dem Einfluss des im Geist vergegenwärtigten Heilsziels und so sind sie auch ausschließlich auf die Erreichung des Nibbana gerichtet.

Es sind dies:

1. Vertrauen

Vertrauen ist z.B. die geistig-seelische Verfassung eines Menschen, der einen ausgeprägten Sinn für die Einbeziehung der Daseinsfortsetzung im Jenseits hat und der darum nach seiner Natur nach religiösen Aussagen fragt, die über das gegenwärtige Leben hinausweisen. Das entsprechende Pali-Wort (saddha) bedeutet aber noch mehr als Vertrauen, es bedeutet, vertraut zu sein, sich innerlich mit demjenigen verwandt fühlen, zu dem man sich hingezogen fühlt. Die Lehre des Buddha erscheint dem Wahrheitssucher, der ihr begegnet, vertraut wie eine schon immer gesuchte Wahrheit. Jeder von uns hat schon alle Leiden, alle Freuden der verschiedenen Daseinsformen unendliche Male erlebt. Vertraut sein mit geistigen Gesetzmäßigkeiten ist also eine Gewöhnung, die aus früheren Leben in das Diesseitige hineinwirkt. Sie kann aber auch erst in diesem Leben entstehen und wachsen.

2. Tatkraft

Einübung von Tugenden (siehe die fünf Tugendregeln) erfordert von dem vertrauenden Menschen den Einsatz von Tatkraft und Wachheit. Und dies lässt ihn nicht ruhen, bis er die Umgewöhnung seines Lebenswandels so vollendet hat, dass sie ihm zur zweiten Natur geworden ist. Jeder Mensch bringt nur für die Dinge, die dem Geist wichtig erscheinen, Tatkraft auf. Das bedeutet, dass der Heilssucher seine ganze Tatkraft für das aufbringt, wovon er glaubt: Nichts anderes lohnt sich so wie dieses. Aber der Einsatz der Tatkraft ist bei den Wesen unterschiedlich.

3. Wahrheitsgegenwart

Das Pali-Wort „sati“ heißt „sich erinnern“.  Wenn der Erwachte von Sati spricht, dann ist darunter im engeren Sinn zu verstehen, dass man nicht, wie es menschenüblich ist, an diese oder jene interessanten oder schrecklichen Dinge in der Welt denkt, an sympathische oder unsympathische Menschen, angenehme oder unangenehme Erlebnisse, sondern dass man sich der Lehre erinnert, dass man das Bild der Existenz vor Augen habe, das er mit seiner Lehre zeigt. Im weiteren Sinne ist mit Sati gemeint, dass man bei sich selbst bleibt, seine eigenen inneren Vorgänge im Empfinden und Denken beobachtet - darum übersetzen wir Sati auch mit Selbstbeobachtung - und sie, wenn erforderlich, dahin lenkt, wie man sich durch die Lehre angeleitet sieht. Sati bedeutet also erstens, insgesamt die Entwicklung auf das Heilende im Auge zu haben - zweitens sich der jeweiligen körperlichen, geistigen und triebhaften Vorgänge bewusst zu sein, diese zu beobachten. Wahrheitsgegenwart braucht jeder, der ein Ziel verfolgt.

Der Erwachte sagt ausdrücklich, dass Sati, die Wahrheitsgegenwart, der Hüter und Fürsorger des Geistes sei.

4. Herzenseinigung

Ein Mensch, der sich in die Welt hinein ausbreitet, der die äußeren Objekte als „Mein“ und als „Interessensgebiet“ festhält, der ist zerstreut, erst mit den begehrten Dingen fühlt er sich eins. Dadurch ist er verletzbar und in dauerndem Sichmühen, die begehrten Dinge heranzuholen. Wenn aber die sinnlichen Dinge als unbeständig, uneigen durchschaut werden und so ihren verlockenden oder abstoßenden Charakter mehr und mehr verlieren, so beschäftigen sie den Geist nicht mehr, weil sie kein Begehren und Hassen auslösen. Die Gedanken rasen nicht mehr zu tausend Punkten in Raum und Zeit.

Vom Standpunkt der Großen aus gesehen fügt sich ein solcher Mensch zusammen, sammelt sich. Der zuvor Zerrissene einigt sich. Wenn man durch klare, stille Betrachtung durchschaut, welcher Art die Dinge wirklich sind, dann merkt man erst, in welcher sinnloser Spannung und Raserei man immer gelebt hat. Diese Herzenseinigung kann man zu weiterem Fortschritt in Wohlbefinden und Wissen entfalten, je nach Geneigtheit und Fähigkeit des Befriedeten, man kann z.B. das unmittelbare Wohl der weltlosen Entrückung (jhana) erleben.

5. Weisheit

Der Weisheit geht es um eine gründliche und umfassende Orientierung über die endgültige Aufhebung der gesamten Leidensmöglichkeiten überhaupt. Sie tritt von den vordergründigen Vorgängen und Begegnungen zurück und betrachtet und beobachtet mit weit reichendem Blick die gesamten Lebenszusammenhänge, erkennt bis zum Grunde, was alles zur Leidensdimension gehört, was in sie hineinführt und in ihr beharren lässt und wodurch man aus dem Leiden herauskommen kann. Die Weisheit nimmt auch vorübergehende Leiden und Mühsale in Kauf, um endgültig aus dem Leiden herauszukommen und damit zum höchsten Wohl zu gelangen.

Zusammenfassend ist von den fünf Heilungseigenschaften zu sagen: Vertrauen ist eine geistige Gewissheit darüber, dass es geistige Zusammenhänge, Gesetze gibt. Diese innere Gewissheit lässt, wenn man auf echte religiöse Aussagen stößt, einen verwandtschaftlichen Gleichklang empfinden, eine Vertrautheit, durch (frühere) Gewöhnung entstanden. Die Tatkraft ist eine Aktivität im Abbau von Üblem und Aufbau des Guten. Sie besteht in Abhängigkeit vom Vertrauen und von den Einsichten des Geistes. Wahrheitsgegenwart und Klarblick sind geistige Anblickskräfte, die ebenso wie die Herzenseinigung dann wirksam werden, wenn die Tendenzen nach Sinnlichkeit und Vielfalt zurücktreten.