Der Buddha als Friedensstifter.

 

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In den 45 Jahren, die der Buddha lehrend durch die indischen Lande zog, gab es nur vier Fälle von kriegerischen Auseinandersetzungen. In zwei Fällen konnte der Buddha den Kriegsausbruch verhindern. In einem Fall bewirkte er ein friedliches Ende und in dem letzten Fall tat er, was er konnte, um den Krieg zu verhindern, der dann aber doch stattfand. Diese vier Fälle sollen näher betrachtet werden, und zwar in chronologischer Reihenfolge.

1. Der Streit der Koliyer und Sakyer (Jataka 536)

Die Sakyer, von denen der Buddha stammte und nach denen er Sakyamuni genannt wird, hatten zu Nachbarn die Koliyer. Die Grenze beider Völker am Rande des Himalaya bildete ein Fluss, der beiden zur Bewässerung ihrer Reisfelder diente. Wegen einer langen Trockenperiode wurde einmal das Wasser knapp. Die Bauern der beiden Völker wollten das Wasser für sich allein haben und gönnten es den anderen nicht. Es kam zu Schimpfereien, zu kollektiven Beleidigungen und zu Schlägereien. Schließlich standen sich die Heere beider Völker gegenüber. Als der Erwachte davon erfuhr, es war im fünften Jahr nach der Erwachung - begab er sich sogleich dorthin. Bei seinem Erscheinen waren die Heere beschämt, wussten sie doch, dass er jede Form von Gewalt ablehnte. Beide waren bereit, auf ihn zu hören. Er setzte sich nun auf eine Sandbank im Fluss und hielt eine Friedenskonferenz ab. Er begann mit der Frage, was das Wasser des Flusses wert sei. Die Führer erwiderten: Wenig. Und was sei ihr Ackerland wert? Sehr viel, sagten die Fürsten. Und was seien die Menschen wert? Unermesslich viel. Daraus zog der Erwachte die Schlussfolgerung: Wozu solle man dann wegen des so wenig wertvollen Wassers die so wertvollen Menschen vernichten? Und er illustrierte diesen Grundgedanken durch einige Erzählungen und Beispiele. Er zeigte, dass es im Streit kein Ende gibt, dass der Hass sich nach dem Sieg der einen Seite bei den Unterlegenen fortsetzt. Man dürfe auch nicht blindlings auf andere hören und sich aufhetzen lassen. Der Schwächere könne oft die Schwächen des Stärkeren besser sehen als dieser selber. Wenn Einträchtige in Streit geraten, dann ist das immer schlimm. Schließlich waren die beiden Führer durch die friedvolle Ausstrahlung des Buddha und seine maßvollen Worte so beeindruckt, dass sie den Gedanken an einen Waffengang aufgaben und das Wasser teilten. Außerdem wurden viele Mannen beim Buddha Mönche und zogen mit ihm ins Gangestal, so dass die Zahl der Esser geringer wurde und der Reis ausreichte.

2. Der Krieg zwischen Magadha und Kosalo (Samyutta Nikaya 3, 14-15)

Zwischen den beiden Reichen von Kosalo im Westen und Magadha im Osten lag der Landstrich von Benares (Kasi), der ein Zankapfel zwischen beiden war. Als Ajatasattu seinen Vater aus Machtgier des Lebens beraubt hatte und so König von Magadha geworden war und Gewissensbisse ihn plagten, suchte er sich außen abzulenken, und ihm fiel nichts besseres ein, als Kasi mit seinen Truppten zu besetzen. König Pasenadi von Kosalo wollte ihn wieder vertreiben, es kam zum Kampf, aber Ajatassatu siegte. Als die Mönche sich darüber wunderten, dass dem Vatermörder der Sieg über den tugendhaften König Pasenadi gelungen war und als sie den Buddha fragten, wie dies mit dem Gesetz von Saat und Ernte zu vereinbaren sei, erklärte er ihnen: Ajatasattu habe zwar schlechte Berater und Pasenadi gute, aber trotzdem sei letzterer als Folge früheren Wirkens heute besiegt worden. Doch Ajatasattu werd sich nicht lange seines Sieges freuen können, denn die Besiegten würden sobald möglich zum Gegenschlag ausholen. Da gäbe es kein Ende. Bald darauf rüstete König Pasenadi seine Heere und Ajatasattu, der Vatermörder, besiegt und nicht nur das, er wurde auch gefangengenommen. Es wäre nicht ungewöhnlich gewesen, wenn Pasenadi ihn mit dem Tode bestraft hätte. Das tat Pasenadi aber nicht. Ajatasattu war sein Neffe, der Sohn seiner Schwester. Er war ein Verwandter und darum wolle er ihm das Leben schenken und nicht Mord mit Mord vergelten. Er behielt aber Elefanten, Rosse und Wagen als Kriegsbeute. Dies berichteten die Mönche dem Erwachten. Der sagte dazu, dass auch Raub zum Raub führe und kein Ende in Sicht sei.

Da besann sich Pasenadi und schloss noch echten Frieden mit Ajatasattu. Er gab ihm seine Tochter Vajiri zur Ehefrau, und als Morgengabe stiftete er ihr Kasi. Von da an herrschte Frieden zwischen beiden Reichen. Das war etwa 38 Jahre nach dem Koliyer-Streit. In der ganzen Zwischenzeit wird von keinem einzigen Krieg in Mittelindien berichtet, das der Buddha kreuz und quer lehrend durchwanderte. So hatte er den ersten Krieg verhindert und den zweiten zu einem dauerhaften Frieden geführt.

3. Die Vajjiner und der Krieg (Digha Nikaya 16 I)

Im letzten Lebensjahr des Buddha fasste König Ajatasattu einen neuen Kriegsplan. Er wollte den Staat des Vajjiner-Volkes zu Vesali erobern und seinem Reiche einverleiben. Er war sich aber nicht sicher, ob er das tun sollte. Durch die Gespräche mit dem Buddha hatte er so viel von der Lehre aufgenommen, dass er nicht ohne schlechtes Gewissen an Gewalt denken konnte. Er schickte einen Feldherrn zum Buddha, um zu sondieren, was der Erwachte wohl sagen würde, wenn er von dem Kriegsplan hören würde. Der Buddha antwortete nun nicht etwa dem Feldherrn, Krieg sei ein Verbrechen und jede Gewalt räche sich. Er machte keine moralischen Vorwürfe, sondern wandte sich nur an Anando und stellte ihm nacheinander sieben Fragen über die Verhältnisse bei den Vajjinern, die Anando alle positiv beantwortete, worauf der Buddha sagte, solange diese Zustände bei den Vajjinern bestünde, sei ein Wachsen und kein Schwinden bei den Vajjinern zu erwarten. In der oben genannten Lehrrede kann man alles nachlesen. Nach dieser Darlegung an Anando wandte sich der Erwachte an den Feldherrn und berichtete ihm, dass er einstmals den Vajjinern diese sieben unvergessbaren Dinge eingeprägt habe. Solange sie daran festhielten, würden sie gedeihen. Der General stimmte zu: Damit seien die Vajjiner unbesiegbar, und sein König könne ihnen im Kampf nichts anhaben, es sei denn durch Bruch von Versprechen oder Zwietracht. Er ging fort und berichtete seinem König, und dieser ließ den Feldzugsplan fallen. Dafür hatte er nun Furcht vor der moralischen Kraft der Vajjiner und ließ an der Grenze Befestigungen anlegen.

Der Buddha aber verbrachte die letzte Regenzeit seines Lebens drei Monate lang bei den Vajjinern. Später, nach dem Tode des Buddha aber, gelang es Ajatasattu, mit List und Tücke das Land der Vajjiner sich einzuverleiben. Triumphierend könnten hier die "Realpolitiker" sagen, dass den Vajjinern also all ihre Tugenden nichts genützt hätten, wenn die harten Tatsachen politischer Machtverhältnisse ins Spiel kämen. Doch das wäre kurzsichtig, denn bald wurde Ajatasattu, der Vatermörder, von seinem eigenen Sohn ermordet, und die Vajjiner wurden wieder unabhängig. Das aber nicht nur für kurze Zeit, sondern jetzt bestand der Staat der Vajjiner (auch Licchavier genannt) tausend Jahre lang, gegründet auf die sieben Tugenden, die zum Wachsen und Blühen eines Gemeinwesens führen. Darauf gegründet bestand hier wirklich ein tausendjähriges Reich.

4. Das Ende der Sakyer (Jataka 465)

Ebenfalls gegen Ende der Lebenszeit des Buddha fand der vierte der Kriege aus den 45 Jahren seines Lehrerdaseins statt. Es war ein Krieg des Königs von Kosalo gegen die Sakyer. König Pasenadi von Kosalo, langjähriger Anhänger des Buddha, war von seinem Sohn gestürzt worden und auf den Flucht im Alter von achtzig Jahren den Strapazen erlegen. Der Sohn rüstete sein Heer gegen die Sakyer. Da begab sich der Buddha an die Grenzen beider Staaten. Der König von Kosalo bedachte: Wenn der Buddha mit seiner geistigen Macht seine Verwandten schütze, dann sei Krieg aussichtslos. So kehrte er um. Aber bald war die Erinnerung verblasst und er zog wieder ins Feld. Wieder trat ihm der Erwachte in gewaltloser Weise entgegen und nocht ein drittes Mal geschah dasselbe. Der Bericht fährt dann aber fort:

"Als der König zum vierten Male auszog, beobachtete der Meister die früheren Taten der Sakyer und erkannte dabei, wie ihre böse Tat, dass sie einst Gift in den Fluss geworfen, nicht in der Wirkung aufzuhalten sei; deshalb ging er zum vierten Male nicht wieder hin."

So nahm das Unheil seinen Lauf. Die Sakyer wurden von der Übermacht besiegt. Tausende Menschen kamen um. Da die meisten Sakyer aber keine Feinde getötet hatten und der Lehre des Buddha eingedenk geblieben waren, wurden die meisten von ihnen bei den Göttern der Dreiunddreißig im himmlischen Glück wiedergeboren. Ihr einstiges ungutes Wirken war abgetragen und das gute Wirken dieses Lebens kam zur Auswirkung. Die Soldaten des Königs von Kosalo aber, die die wehrlosen Sakyer, die sich ergeben hatten, blutig niedermetzelten, gelangten auf den Abweg, in untere Welt, und zwar sehr schnell: Auf dem Rückweg von Kapilavatthu nach Sawatthi wurde das ganze Heer in einem Trockenflussbett durch plötzliches Hochwasser ertränkt, mitsamt dem blutrünstigen König.

 

 Quelle: Wissen und Wandel 1988 (H.Hecker).

 

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