Paul Debes und das Buddhistische Seminar

Geboren wurde Paul Debes am 8.9.1906 in Wuppertal in einer Handwerkerfamilie. Bis zu seinem 14./15. Lebensjahr war es sein fester Vorsatz, christlicher Missionar zu werden. Doch die katholische Lehre ließ ihm zu viele Fragen unbeantwortet. Er suchte auch bei griechischen und römischen Philosophen, bei Laotse und Meister Eckehart. Bei der christlichen Mystik fand er Wege  zu überweltlichem Glück beschrieben, aber die Sinnfrage löste sie nicht.

 

Im Sommer 1927 fand er während einer Wanderung mit Freunden in einem Antiquariat ein Buch über den Buddha: “Die Heimkehr des Vollendeten” von Hans Much, Universitätsprofessor in Hamburg. Er wusste: “Das ist es!” Er kaufte sich in einer Buchhandlung den zweiten Teil der Längeren Sammlung der Lehrreden, der dort allein greifbar war, bald aber auch alle Übersetzungen von Karl Eugen Neumann. Von da an ging sein ganzes Denken und Trachten um die Lehre des Buddha, er studierte die Texte so oft wie möglich und wollte buddhistischer Mönch werden.

 

1931 fuhr er zusammen mit seinem Bruder Heinrich (geb. 26.12.1903) mit einem Frachtschiff von Triest nach Colombo. An seinem 25. Geburtstag kamen die Brüder auf der Island Hermitage an und wurden vom ehrw. Nyanatiloka Mahathera empfangen. Paul Debes übte strenge Meditation (erfuhr tiefes Samadhi) und wurde von Nyanatiloka in die Pali-Sprache eingeführt. Der sagte, ein Hausloser solle von den Übersetzungen unabhängig werden und die Lehrreden im Original lesen können, nur so käme er an ihren tiefen Gehalt heran.

 

Im Frühjahr 1932 kehrte er nach Deutschland zurück und war von 1932 bis zum Krieg in einem kaufmännischen Beruf tätig. Er heiratet 1936 Ina Foerster (1910-1968), zusammen hatten sie fünf Kinder.

 

Paul Debes überstand die bedrückende Militärzeit und fand in englischer Kriegsgefangenschaft auf der Isle of Man 1944/45 die Muße, die ihn auf seinen künftigen Lebensweg vorbereitete.  Er lernte dabei auch Hellmuth Hecker und Fritz Schäfer kennen. Als er im Oktober 1945 aus der Gefangenschaft entlassen wurde, ließ er die Lehre innerlich noch reifen und trat erst 3 Jahre später mit Vorträgen über die Lehre an die Öffentlichkeit.

 

Ab 1948 hielt er in Hamburg und anderen Großstädten Norddeutschlands öffentliche Vorträge. Diesen Vorträgen mit bis zu 500 Zuhörern schlossen sich vertiefende Abendseminare mit etwa 80 Teilnehmern an. So entstand das “Buddhistische Seminar”, offiziell gegründet 1948 in der Eilshorst. 1949 führte Debes seine ersten “Forschungswochen” durch. Ebenso wie die Hamburger Vortragszyklen sollten diese Ferienseminare in der Lüneburger Heide dem westlichen Menschen eine Brücke von seinem Standort zu den vier Heiligen Wahrheiten bauen. Weiter veranstaltete er “Streitlose Streitgespräche” am Runden Tisch mit Priestern, Pfarrern, Imanen und Philosophen.

 

1954 trat Ingetraut Anders in das Buddhistische Seminar ein. Sie wurde “die Säule des Seminars” und die “beste Interpretin”, an seiner Seite. 1959 zog das Buddhistische Seminar nach Rohlfshagen, 1966 nach Neugraben und 1974 schließlich nach Bindlach.

 

Es entstand 1955 die Zeitschrift “Wissen und Wandel”, in welcher Paul Debes damit begann, die Kernaussagen des Erwachten zu vermitten. Noch heute, im 50. Jahrgang, gehört diese Zeitschrift zu den traditionsreichsten buddhistischen Publikationen Deutschlands.

 

Mit vielen Vorträgen hat Paul Debes wohl eine bis dahin nicht gekannte intensive buddhistische Lehrtätigkeit in Deutschland entfaltet. Auch mittels Tonbandaufnahmen, unabhängig von der physischen Präsenz seiner Person, wurden Kreise betreut.

 

1963 ging Paul Debes erneut nach Südostasien, 16 Monate studierte und meditierte er in buddhistischen Klöstern Burmas und Sri Lankas. Es ergab sich dabei auf der Island Hermitage eine Konstellation, die in der Geschichte der Insel hervorragte. Paul Debes unterwies täglich eine Gruppe von sechs jungen Deutschen, die dort von Nyanatiloka ordiniert worden waren und führte sie in diePraxis buddhistischer Askese ein. So erfüllte er für ein halbes Jahr das, was Nyanatiloka nicht gegeben war, die Funktion eines seelsorgerischen Novizenmeisters, allerdings nicht lange genug.

 

Seine Tochter Monika berichtete von seiner Rückkehr. Sie holte ihn 1964 am Flughafen in Hamburg ab:

„Er war so sanft und bescheiden In seinen Vortragen hörte man nun häufiger das Wort des Buddha an Mahanamo: "Man kann auch in einem Haus voller Kinder sein Herz an Milde gewöhnen." Er lehrte nun: Nicht bitterer Verzicht allein bringt dich zu Glück und Freude, sondern die Einübung der Tugend und Ethik, Großzügigkeit. Schonen von allem, was atmet und leben will; nichts nehmen, was mir nicht gehört; Paarverbindungen akzeptieren und selber treu zum Partner stehen, aufrichtige und ehrliche Worte sprechen, zur rechten Zeit sanft und sinnvoll die Wahrheit ergründen durch Lesen und Nachdenken; dass das Verstehen inniges Glück und unendliche Dankbarkeit bringt.“

Bei einem ihrer letzten Besuche fragte Monika Debes-Schneider ihren Vater: "Hast du Angst vorm Sterben?" Er lachte und verneinte. Er sah den Körper als ein Vehikel an, das, wenn es nicht mehr fährt, überflüssig geworden ist. Noch ein Vierteljahr und er wäre 98 geworden. Sein Körper war so klein und steif geworden und für seine weiten und tiefen Gedanken zu verbraucht.

 

Am 6.6.2004 um 14 Uhr saß er im Bett, wurde blass und verließ seinen Körper.