Unter Wohlfahrt (Wohlergehen) versteht man die Deckung der Grundbedürfnisse eines Menschen und das Erreichen eines gewissen Lebensstandards.

Der Buddha nannte vier Vorgehensweisen, die in diesem Leben zu Glück und Wohlergehen führen und danach vier Vorgehensweisen, die Wohlergehen in künftigen Existenzen sichern.

(Anguttara Nikaya VIII, 54)

 

1. Fleiß, Tatkraft

Das Pali-Wort, welches hier mit „Fleiß, Tatkraft“ wiedergegeben wird, ist Utthanasampada und bedeutet wörtlich „Aufstehtätigkeit“.

Dies besagt ja, dass man überhaupt einmal aufsteht und nicht müßig im Bett oder auf dem Sofa liegen bleibt. Man kann gewöhnlich auch seinen Beruf nicht im Liegen oder sonst einer bequemen Stellung ausführen. Man bewegt sich vielmehr und gibt sich mit Eifer und ganzem Herzen an die Arbeit. Man wartet nicht auf einen Lottogewinn, die öffentliche Wohlfahrt oder darauf, dass die Aktien steigen.

Um seine eigenen materiellen und geistig-kulturellen Bedürfnisse zu befriedigen, ist in jeder Gesellschaft eine Anstrengung notwendig. Dazu gilt es auch, die Bedürfnisse des Partners und der Kinder mit in die Überlegungen einzubeziehen.

Zur Zeit des Buddha war das nicht anders. Wir sehen es an der Fragestellung eines einfachen Bürgers  in der Stadt Kakkarapatta: „Ehrwürdiger Herr, wir sind nur einfache Leute. Wir sind keine Asketen, wir führen das gewöhnliche Leben mit Weib und Kind und genießen alle Freuden, die sich uns bieten. Wir schmücken uns gelegentlich mit Blumen, verwenden andere schönen Sachen. Wir gehen unseren täglichen Arbeiten nach und machen Gebrauch von Gold und Silber. Wenn in Ihrer Lehre etwas von Nutzen für uns einfache Leute ist, etwas, was uns zu Glück und Wohlstand sowohl  in diesem als in jenseitigem Leben verhilft, so lassen Sie uns, ehrwürdiger Herr, diesen Teil Ihrer Lehre wissen.“

Der erste Punkt, den der Buddha nannte, war also Fleiß und mit Tatkraft bei der Sache sein. Wenn sich jemand seiner Arbeit nicht eifrig widmet, wird er kaum seinen Lebensunterhalt verdienen, geschweige denn Annehmlichkeiten darüber hinaus. Und es gibt nur einen richtigen Weg, um wohlhabend zu werden, die ehrliche Arbeit der Hände und des Verstandes. Alle anderen Wege, wie sie auch genannt werden mögen, sind nur verschiedene Formen des Stehlens.

2. Erhaltung, Vorsorge

Im Pali heißt das: Arakkhasampada. Die Güter bzw.  den Lebensstandard, welchen man sich durch Fleiß und Arbeit erworben hat, sollte man auch erhalten. Seinen Reichtum durch ungenügende Sicherheitsmaßregeln wieder zu verlieren, wäre dumm. Dazu gehört die nötige Sorgfalt und auch die Pflege der erworbenen Dinge.

In unsere Zeit übertragen: Hat man z.B. ein Wohneigentum erworben, gilt es, sowohl durch bauliche Maßnahmen als auch durch entsprechende Versicherungen gegen den Verlust vorzusorgen. Feuer, Sturm, Erdbeben, Überschwemmungen sowie Diebe; es gibt mehrere Gefahrenquellen im menschlichen Lebensbereich, die man Bedenken muss, um Verluste am Eigentum zu verhüten.  

Für Zeiten, in denen das normale Einkommen vielleicht nicht ausreicht, sollte vorgesorgt, bzw. etwas angespart  werden.

Der Buddha warnt vor „vier großen Abflüssen“ für erlangten Besitz: Unzucht, Trunksucht, Glücksspiel und schlechte Freunde.

Jeder kann die notwendigen Einzelheiten in seinem eigenen Leben unschwer selbst feststellen.

3. Gute Freundschaft

Das Wort im Pali lautet: Kalyanamittata. Freundschaft mit guten, edlen Menschen. Der Buddha sagte: „Wenn in der Umgebung Menschen wohnen, egal ob jung oder alt, die von reifem Charakter sind, denen Vertrauen (zum Buddha), sittliche Lebensweise, Freigiebigkeit und Weisheit zu eigen sind, mit solchen pflege man Umgang. Man unterhalte sich mit ihnen und bespreche viele Dinge mit ihnen.“

Wenn man dagegen mit schlechten Menschen umgeht, wird man diesen ähnlicher werden. Einfach dadurch, dass man sich in deren Gesellschaft aufhält, wird man, ohne es zu merken, diesen gleich. Es sei denn, man ist besonders charakterfest. Wer Lügner zu Freunden hat, wird bald selbst ein Lügner, wer öfters in Gesellschaft von Menschen verkehrt, die ständig berauschende Getränke zu sich nehmen, wird bald selbst damit anfangen. Wer mit Dieben umgeht, wird selbst ein Dieb.

Paul Debes schreibt in Wissen und Wandel 1965: „Was uns aber zur Freundschaft mit anderen Menschen führt, ist stets in erster Linie die gefühlte Wohltat im Umgang mit anderen, und das hängt damit zusammen, dass die seelische Struktur des anderen, sein Gefühlsleben, in irgendeiner Weise mit dem unsrigen harmonisiert, sei es als Gleichgewicht oder als Ergänzung. In diesem Sinne sagt der Erwachte: „Bei wem uns wohl ist wie an Vaters Herzen, der ist ein Freund, den keiner kann entfremden.“  (Sutta Nipata 255)

Im Dhammapada Nr. 206 heißt es:

"Wer viel mit Edlen verkehrt, ist reich gesegnet.

Und immer glücklich lebt, wer Toren nie begegnet."

4. Angemessene Lebensweise

Die letzte der vier Vorgehenswiesen, die wir beachten sollen, damit es uns in diesem Leben wohlergehe, ist Samajivita, oder wie wir es ausdrücken würden, eine angemessene Lebensweise.

Dies bedeutet: Man kennt seine Einnahmen und seine Ausgaben und richtet demgemäß seine Lebensweise ein. Hat man ein kleines Einkommen, hält man auch die Ausgaben in Grenzen und macht keine unnötigen Schulden. Man braucht sich weder zu schämen noch den Kopf hängen zu lassen. Es kann die Folge von früher begangenen Fehlern sein. Aber Vergangenheit ist Vergangenheit. Hier gilt es, die Tatsache ruhig hinzunehmen und dem Rat des Buddha zu folgen: Lass jeden sein Leben seinem Vermögen anpassen.

Ist man reich geworden, so kann man auch angemessen auf großem Fuße leben. Man kann sich jede Bequemlichkeit gönnen, ohne die Grenzen zu überschreiten. Aber man sollte nicht geizig sein, auch nicht schlecht gekleidet oder hungrig herumlaufen.  Man sollte sich und seiner Familie, sowie Bediensteten und Bedürftigen genügend (in seinem Rahmen) abgeben.

Zusammengefasst hat der Buddha dies mit den Worten: „Führt der edle Sohn bei geringem Einkommen eine üppige Lebensweise, so sagt man von ihm, dass er seinen Besitz vergeudet wie ein Feigenesser (der mehr Feigen vom Baum schüttelt, als er zum Essen braucht). Führt er aber bei großem Einkommen eine dürftige Lebensweise, so sagt man von ihm, dass er wie ein Hungerleider sterben wird.“

 

Die vier Dinge aber, die zu jenseitigem und zukünftigem Wohl führen, sind:

1. Vertrauen

Was ist das Vertrauen (saddha), von dem der Buddha hier spricht?

Es ist die Zuversicht, dass der Buddha der beste und sicherste Lehrer und Führer in dieser und allen anderen Welten ist. Es ist das Vertrauen, dass er der weiseste unter den Weisen ist; dass er alles weiß, was gewusst werden kann. Es ist der Glaube, dass dieser Buddha, der Buddha unseres Zeitalters, so sicher der Lehrer der Wahrheit ist, wie alle seine Vorgänger in diesem und früheren Äonen. Es ist die Überzeugung, dass dieser unser Buddha die volle Erkenntnis dieser und aller unsichtbaren Welten besitzt, jener Welten, die der Blick des gewöhnlichen Sterblichen nicht erreicht; dass Ursache und Wirkungen, wie sie in feinen Kanälen die Welt durchziehen, ihm klar und offen liegen; und dass er darum alle, die von ihm geführt sein wollen, sicher und fest führt, und sie auf den Weg bringt, der aus Leiden heraus zum Wohl führt. Es ist die Zuversicht, dass der vollkommen Erwachte die wahre Natur aller Dinge kennt, dass er aus dem Schlummer der Verblendung (avijja), der uns Schläfer noch immer mit schweren Banden umfangen hält, erwacht ist. Dass er der berufene Führer jedes Geschöpfes in der weiten Welt ist, dass er Menschen und Göttern Lehrer und Meister ist.

Im tieferen Sinne ist es das Vertrauen, dass man die Lehre des Buddha in ihrer Tiefe selbst erkennen  und wissen wird, wenn man recht vorgeht. Das Heilsvertrauen geht weit über den Glauben ans Jenseits und ans Karmagesetz hinaus. Es ist ein vierfaches Vertrauen in:

das Prinzip des Heils (der Erwachte),

die notwendige Gesetzmäßigkeit beim Heil (Lehre),

die Verwirklichung des Heils (Jüngerschaft),

die Möglichkeit der Verwirklichung bei sich selbst (Übung).

2. Tugend

Die fünf Grundregeln (sila), welche ein Buddhist übernimmt, lauten:

Sich enthalten vom

1. Töten von Lebewesen

2. Nehmen von Nichtgegebenen

3. Fehlverhalten im sexuellen Bereich

4. Lügen

5. Gebrauch von Rauschmitteln.

Bei diesen Tugendregeln wird der christlich geprägte Abendländer an die zehn biblischen Gebote denken, die da sagen „Du sollst“ oder „Du sollst nicht“. Der Buddha ist kein Gebieter, er gibt keine Befehle mit Strafandrohung, sondern Ratschläge, wie man sein Leben heilsam regeln und ungünstige Folgen vermeiden kann. Diese Regeln sind andererseits aber auch kein kasuistisches Regelwerk und keine bloßen lockeren Spielregeln. Sie zielen vielmehr darauf ab, dass der Nachfolger sich allmählich so läutert, dass nicht nur sein Geist, sondern auch seine Herzensstimme ihm das Heilsame gebietet und das Unheilsame verbietet. (Siehe auch das Kapitel: Tugend)

3. Uneigennützigkeit

Was bedeutet Uneigennützigkeit (caga)? Es bezeichnet die Gesinnung, welche zum Geben (dana) führt. Dies bedeutet, dass man sich nicht an alles festklammert, sondern auch bereit ist, etwas wegzugeben. Hierbei  ist die geistige Verfassung die Hauptsache.

Mit den Worten des Buddha:  „Da lebt der edle Sohn im Hause mit einem vom Laster des Geizes freien Herzen; er ist freigiebig und spendet mit offenen Händen; er gibt gern, ist den Bedürftigen zugetan und hat Freude am Austeilen von Gaben.“

Auf einem Kalenderblatt des Buddhistischen Seminares las ich folgendes zu diesem Thema:

„Großzügigkeit heißt geben, Opfer bringen. Dies ist etwas, was Menschen schon seit wer weiß wann getan haben. Hörten wir auf, großzügig zu sein oder gegenseitig Opfer zu bringen, dann könnte die Welt nicht als Welt bestehen bleiben, denn selbst Tiere sind großzügig untereinander, genau so wie Menschen. Sie teilen ihre Nahrung miteinander genau so wie wir es tun. Sie leben und fressen zusammen, ziehen ihre Nachkommen auf und sorgen sich um sie.

Wir Menschen leben in Familien, in gesellschaftlichen Strukturen und bringen einander Opfer. Unsere Herzen und unsere Leben hängen voneinander ab, dies ist auch der Grund, warum wir so handeln müssen." (Bua Nanasampanno)

4. Weisheit

Der Buddha weist auch hier auf den wichtigsten und tiefsten Teil seiner Lehre hin und sagt: „Ausgerüstet sein mit jener Weisheit (panna), die das Entstehen und Vergehen begreift, der edlen, durchdringenden, zu völliger Leidensvernichtung führenden.“

Hellmuth Hecker schreibt in seinem Buch „ Die Furt zum anderen Ufer“:

…Es ist die Fähigkeit, Eindrücke sinnvoll zu bewerten, richtig zu beurteilen und als Urteilskraft zu entwickeln. Dabei gibt es drei Arten (Digha Nikaya 33):

Erstens die angehörte Weisheit, die Stimme der Weisen, die ich in meinen Geist aufnehme und akzeptiere, so dass die mir zur Verfügung steht. Zweitens die Fähigkeit, aus angeborener, mitgebrachter Weisheitsstruktur die gehörte Weisheit zu verarbeiten und einzuordnen. Drittens folgt aus beiden die entfaltete Weisheit, die sich aus der Nachfolge in der Anwendung entwickelt, die Bestätigung in eigener auf dem Weg zu findender Erfahrung.

Die vom Buddha gehörte Weisheit ermöglicht es, die Gleichnisse, Definitionen und Merkmale der Weisheit in der Zusammenschau zu sehen.

Die Weisheit überblickt von höherer Warte, mit erweitertem Horizont vor- und rückwärts die Ursachenkette, sie sieht den Aufgang (Entstehen, Ursache) und Untergang (Vergehen), sieht Saat und Ernte, eben umfassend und in aller Breite und Weite. Dessen Spitze ist es, wenn der Buddha unzählige Weltzeitalter vor seinem geistigen Auge abrollen sah sowie die karmischen Verknüpfungen über viele Leben und über allem das Gesetz des Bedingungsringes, eben die drei Wissen. Aufgrund dieser universalen, umfassenden Weisheit kann er Verirrten den Weg weisen, sie zur aktiven Umkehr bewegen, damit sie sich nicht weiter in diesen Leidenskreislauf verstricken.

Die Weisheit stellt richtig, richtet Umgestürztes wieder auf. Schnell und leicht, mit einem Lächeln, korrigiert die Weisheit das Falsche und Verdrehte und hat nur noch ein eindeutiges Ziel, nämlich das Leiden, in das man sich verstrickt hatte, völlig versiegen zu lassen.