Die großen Jünger des Buddha.

 

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Die beiden Hauptjünger

So unschätzbar wichtig wie für den Orden die Gewinnung des Königs und die Gründung des Mutterklosters im Bambuspark war, noch wichtiger war doch ein anderer Gewinn, nämlich der der beiden Hauptjünger. Jeder Buddha hat, wie es in Digha Nikaya 14 heißt, immer zwei Hauptjünger, ein Paar Geheilte, die ihm am nächsten stehen an geistigem Format. Der eine von diesen steht an der Spitze der Gemüterlösten, Vertieften, Magiegewaltigen; der andere steht an der Spitze der Weisheiterlösten, der Meister der Belehrung. Das was in einem Buddha in einer einzigen Person vereinigt ist, das Vorhandensein dieser beiden Grundtypen von Fähigkeiten, das ist in diesem Jüngerpaar aufgeteilt, das als diese polare Zwieheit dem Meister gleicht. Indem ihre Fähigkeiten zusammengenommen das ausmachen, was der Erwachte vermag. Jeder von ihnen für sich allein ist aber dem Meister nur in der Erreichung des Heilsziels gleich. an Fähigkeiten und an Macht der Wirkung auf andere Wesen aber ihm unterlegen. Beide waren als Brahmanensöhne in zwei Dörfern in der Nähe der Hauptstadt geboren. Sie waren innige Jugendfreunde.Schon früh hatten sie das Unbefriedigende des bürgerlichen Sich-Treibenlassens erkannt und waren Pilger geworden, geistige Sucher. Ihr Meister war Sañjayo.Er lehrte einen Agnostizismus, ein Sich-nicht-Festlegen,ein verwickeltes System ohne Ergebnis. Man nannte ihn einen "Verwickler der Nabelschnur". Die beiden Freunde - Sariputto (Sohn der Sari, seiner Mutter) und Moggallano (später als Mahamoggallano bekannt) - hatten keinen besseren Meister in Rajagaham gefunden, waren aber nicht befriedigt. So hatten sie vereinbart, dass derjenige von ihnen, der auf der Pilgerschaft zuerst die Todlosigkeit finden würde, es sofort dem anderen melden sollte. 

Als der Geheilte Assaji, einer der ersten Jünger des Buddha, in Rajagaham um Almosen ging, da sah ihn Sariputta - und er bemerkte die besondere Ausstrahlung und es leuchtete ihm die ahnungsvolle Gewissheit auf: Das ist ein Mönch, der in der Welt ein Vollkommener ist oder der zumindest den Pfad zur Vollkommenheit betreten hat. 

Nach Beenden des Almosenganges trat er also an ihn heran und fragte ihn nach seinem Meister und Ajjaji sagte es ihm und fügte hinzu, dass er noch nicht lange ordiniert sei und nicht fähig, die Lehre ausführlich zu erläutern. Er könne aber ganz kurz ihren Sinn mitteilen. Er äußerte sich also mit einem kurzen Merkvers: 

"Die Dinge, die bedingt entstanden,

die Ursachen, die sie entbanden,

und wie ihr Schwinden vor sich geht,

das lehrt Buddha, der Asket."

In diesem scheinbar so wenig sagenden Ausspruch steckt in der Tat die ganze Lehre, jedenfalls für einen Heilssucher wie Sariputto es war.

Das erste, was Sariputto tat, war, dass er zu seinem Freund Moggallano ging. Als dieser ihn von ferne kommen sah, bemerkte er an ihm eine große Veränderung, und er sagte: "Freund, deine Züge sind so klar, heiter dein Angesicht. Solltest du etwa das Todlose gefunden haben?"

Und Sariputto erzählte ihm die entscheidende Begegnung seines Lebens. Moggalano schlug vor, sofort zum Meister Assajis zu gehen, das sei der rechte Lehrer für sie. Sariputto aber wandte ein, dass die zweihundert Mitschüler Sanjayos seit langem auf sie schauten und ihr Vertrauen in sie gesetzt hätten. Es sei daher angebracht, erst zu ihnen zu gehen und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, mitzukommen. Und dann waren alle bereit, sofort mitzukommen, nur ihr Lehrer Sanjayo nicht.

Als der Erwachte die beiden Freunde von weitem kommen sah, sprach der Buddha zu seinen Mönchen, dort komme das Paar seiner Hauptjünger. Sie baten ihn um Aufnahme und sie wurden vom Erhabenen persönlich mit der Ordensweihe belehnt (Mahavagga I, 24). Moggallano gelangte mühsam und schnell zur Triebversiegung, Sariputto aber mühelos und schnell, beide mit Hilfe des Erwachten.

Die Ordensverfassung

Da die ersten Mönche alle Geheilte oder zumindest Stromeingetretene waren, so regelte sich das Ordensleben ganz von selbst. Sobald aber der König von Magadha und sein Gefolge Anhänger geworden waren und der König dem Orden seinen Schutz gewährte und ihm seine Hochachtung erwies, sobald also die Lehre damit auf dem Weg war, die vom König geförderte Religion des ganzen Landes zu werden, gewann sie immer größeren Zulauf. Neben den echten Suchern kamen dann auch schon labilere Charaktere und schwer Zähmbare in den Orden. Und als gar der Orden Mode wurde und der königliche Schirmherr ihm manche Privilegien gewährte, da kamen auch Menschen mit weniger religiösen Motiven herbei.

Angesichts dieser Entwicklung wurde es unumgänglich notwendig, das Ordensleben zu regeln. Während der Buddha in Dingen der Lehre nicht immer die Fragen der Suchenden abwartete, sondern häufig auch von sich aus existentielle Probleme besprach, war es bei Dingen der Ordenszucht umgekehrt. Hier gab der Buddha eine Regel immer erst aus gegebener Veranlassung, d.h. wenn ein regelungsbedürftiger praktischer Fall bereits eingetreten war.

Während des monatelangen Aufenthaltes des Buddha im Bambuspark von Rajagaham ergaben sich nun zahlreiche regelungsbedürftige Fälle. sobald der Orden ein Faktor des sozialen Lebens geworden war, entstand die Notwendigkeit, das Leben hier zu regeln. Angesichts der vielen konkreten Fälle, die damals an den Erwachten herangetragen wurden, ergab sich allmählich die Verfassung oder das Grundgesetz des Ordens. Dabei standen damals noch Fragen der Ordination im Vordergrund, während ein etwaiger Ordensausschluss noch gar nicht zur Diskussion stand. Ein Austritt aus dem Orden war von Anfang an frei, im Gegensatz zu christlichen Orden.

Die Regeln, die das Grundgerüst der Ordensverfassung darstellten, wurden im Laufe der weiteren Jahre noch vielfältig weiter ausgebaut, indem u.a. die Feiertage (Uposatha), die gegenseitige Befragung (Pavarana), die Strafen, die Formalakte, die Regenzeit und die Fragen des Besitzes geregelt wurden. Der Buddha hatte also wahrlich manche Plage auf sich zu nehmen, um die Ordensgemeinschaft zu gründen und zu befestigen, vielen zum Wohle, vielen zum Heile.

Eine besondere Aufgabe, die des Buddha noch harrte, war es, die Lehre auch seiner Familie und seinem Volk zu bringen. Der Buddha holte dies nun, sieben Jahre nach seinem Auszug aus seinem Heim, nach. In einem Gespräch mit seinem Vater legte er diesem die Lehre dar. Am Ende dieses Gespräches aber erlangte der König Suddhodano den Stromeintritt. Ebenso geschah es mit seinem Halbbruder Nando und mit seiner ehemaligen Gattin Yashodara. Diese forderte dann auch ihren gemeinsamen Sohn auf, zu seinem Vater zu gehen und ihn um sein Erbe zu bitten. Das tat Rahulo, der seinen Vater bis zum Kloster folgte. Der Buddha sagte sich, dass das Erbe, welches Rahulo wünsche, nur zu Wiedergeburt und Wiedertod führe. Von Mitleid bewogen, wollte er Rahulo zum Erben der Lehre machen. Und so sprach er zu Sariputto, dieser möge ihn als Novizen aufnehmen. Das geschah auch - in Übereinstimmung mit der Regel,  dass Knaben unter fünfzehn Jahren bei genügender Reife Novizen werden können.

Als Suddhodano davon hörte, durchschnitt ihn aber tiefer Schmerz: Siddhattho, Nando, Rahulo - alle gingen sie fort. Er vergaß das Wohl der Lehre und war gefangen von dem Gedanken des Verlustes. Überwältigt von seinem Schmerz, aber äußerlich beherrscht, begab er sich zum Kloster und sprach: "Der Erhabene möge mir einen Wunsch erfüllen." Er schüttete sodann sein Herz aus, schilderte sein Wehe und bat, dass künftig der Buddha aus Mitleid mit den Eltern kein Kind ohne dessen Genehmigung fortziehen lassen möge. Der Buddha hörte schweigend zu, dann erfreute er seinen Vater durch ein weiteres Lehrgespräch und befestigte ihn auf dem Pfad. Später wandte er sich an die Mönche und erklärte: Wer ein Kind ohne Genehmigung der Eltern fortziehen lässt, begeht künftig eine Übertretung.

Die Lehre breitete sich aus und so wurde noch so mancher Sakyer Mönch und danach verließ der Buddha Kapilavatthu und wanderte nach Anupiya, einer kleinen Stadt der Maller, ebenfalls in den Vorbergen des Himalaya gelegen. Es fanden sich noch sechs Sakyer zusammen, die gemeinsam in den Orden gehen wollten und sich dorthin begaben, wo der Erhabene weilte. Es waren dies Anuruddho, Bhaddiyo, dann Anando (ein Vetter des Buddha und später sein enger Betreuer) sowie Bhagu und Kimbilo, ferner der Schwager des Buddha, Prinz Devadatto, den Bhaddiyo überredet hatte mitzukommen, damit er nicht König würde, was er für unheilsam für ihn hielt. Als siebenter aber ging - als Bediensteter - der Hofbarbier Upali, ein Angehöriger der untersten Kaste, der aber eng mit den Sakyer-Edlen verbunden war, mit. Beim Erhabenen sagten die Sechs, sie wüssten als Sakyer um ihren Stolz. Dieser Barbier sei lange ihr Diener gewesen. Er möge nun als erster ordiniert werden. Dann würden sie ihn als den Älteren in der Askese ehren und ihm dienen - so könnten sie am besten ihren Sakyer-Stolz überwinden.

Entsprechend wurde Upali zuerst ordiniert, sodann die anderen sechs. Innerhalb einer Regenzeit erlangte Bhaddiyo den Heilsstand mittels der drei Wissen, Anuruddho erlangte das himmlische Auge, Anando die Frucht des Stromeintritts und Devadatto die magische Macht eines Weltlings. Bhagu und Kimbilo erlangten den Heilsstand später, ebenso Anuruddho und (erst nach dem Tod des Buddha) Anando. Upali entwickelte sich zum Experten der Ordenszucht und wurde später auch ein Geheilter (Aguttara Nikaya VII,79).

Später begegnete der Asket Kassapo dem Buddha auf der Straße von Nalanda nach Rajagaham und dachte, dieser Asket sei jemand, wie er noch keinen gesehen habe. Ihn durchschoss die Gewissheit: Das muss der Erwachte sein, das von den Brahmanen verkündete Große Wesen mit den zweiunddreißig Merkmalen. Da warf er sich dem Erwachten zu Füßen und sprach: "Mein Meister, Herr ist der Erhabene, ich bin der Schüler." Der Buddha erkannte sofort, dass Kassapo zu den Prädestinierten gehörte. Ihm fehlte nur noch wenig zum Heilsstand. So gab er ihm drei Übungen. Beide wanderten zusammen zurück nach Rajagaham. Als der Buddha dabei einmal Rast machte, breitete Kassapo sein Pilgergewand vierfach aus und bat den Buddha, sich darauf zu setzen, das würde ihm, Kassapo, lange zum Wohl gereichen. Der Erwachte tat es und bemerkte, das Gewand sei sehr weich. Denn das einfachste Gewand, das der reiche Kassapo hatte finden können, als er Pilger wurde, war immer noch aus Seide gewesen. Da freute sich Kassapo und bat den Buddha, dieses Gewand von ihm anzunehmen. Der Erwachte nahm die Gabe an und bot Kassapo dafür sein einfaches hanfenes Gewand, das Kassapo voll Freude über diese Auszeichnung annahm. Und so tauschten Meister und Schüler das Gewand. Drei Tage wanderten sie zusammen, fünf Tage übte sich Kassapo noch im Bambushain - dann war er ein Geheilter geworden.

 

Quelle: Hellmuth Hecker, Das Leben des Buddha.

 

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