Der Borobudur ist eine der großartigsten buddhistischen Stätten.
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Der Buddhismus in Indonesien. |
Der heutige islamische Inselstaat Indonesien kann auf eine bedeutende buddhistische Vergangenheit zurückblicken. Wie in anderen Teilen Südostasiens wurde auch die Verbreitung des Buddhismus in Java und Sumatra durch Kontakte mit Indien ausgelöst. Der buddhistischer Mönch Gunavarman aus Kaschmir kam im 5.Jh. ins zentralen javanischen Königreich und die dortige Königin nahm die Lehre an. Aus dieser Zeit sind Buddhastatuen aus so fern auseinanderliegenden Plätzen wie Celebes, Sumatra und Ostjava erhalten. Unter dem Protektorat der Königin und dem ihres Sohnes konnte der Mahayana-Buddhismus Wurzeln schlagen, und bis zum Jahre 800 konnte durch Kontakte mit Nordostindien gesichert werden, dass sowohl der Hinayana, Mahayana und Vajrayana-Buddhismus in Java präsent war. Tempel wie der Chandi Sewu auf Java wurden in der gesamten Region berühmt und Pilger kamen von weit her, um die Stätten auf Java und Sumatra zu besuchen, so u.a. im 7. Jahrhundert die chinesischen Gelehrten Xuanzang und Yijing. Yijing studierte in Palembang, der Hauptstadt des Königreiches Srivijaya auf Sumatra, das ein bedeutendes Studienzentrum war. Er hielt sich jahrzehntelang dort auf und berichtet vom Vorherrschen des Hinayana-Buddhismus in dieser Region. Nach dem Zusammenschluss mit dem javanischen Reich der Sailandra-Dynastie wurde die Stadt Palembang zu einem geistlichen Zentrum des Buddhismus Das Königreich Sailendra auf dem benachbarten Java existierte etwa zeitgleich mit Srivijaya. Unter den Sailendra erreichte der Mahayana-Buddhismus zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert seinen Höhepunkt. In dieser Zeit herrschten die Sailendra, deren Herrschaft sich in erster Linie auf den Reisanbau gründete (in Zentral-Java befand sich das größte Reisanbaugebiet der Region). Zu ihrem Reich gehörte Sumatra, die malaiische Halbinsel und sogar der Süden Kambodschas. Die Könige von Sailendra ließen einen der außergewöhnlichsten Tempel der Welt, den Borobudur bauen. Der Borobudur, der um die Wende des 9. Jhs. erbaut wurde, gehört zu den berühmtesten buddhistischen Stätten überhaupt, es gibt hinsichtlich der Form und der Größe nirgendwo sonst etwas Vergleichbares. Die Anlage wurde auf einem quadratischem Grundriss mit einer Seitenlänge von 112 m gebaut und schaut in alle vier Himmelsrichtungen. Sie steigt über neun einzelne Terassen zu einem stupaähnlichen Bau in der Mitte auf. Borobudur besteht aus fast zwei Millionen Steinblöcken, 1500 Reliefs mit Inschriften, 1200 Reliefs mit Bildern, mehr als 500 Buddhafiguren. Betrachtet man den Borobudur in seiner Gesamtheit, so ist er ein riesiges Mandala, ein in Stein gegossenes Meditationsobjekt, das den Buddhisten von den niedrigsten Sphären bis zum Absoluten hinaufführt. Als Stupa repräsentiert er die Gesamtheit der Lehre des Buddha, als Mandala die Daseinssphären. Der Borobudur soll jedoch in höherem Maße als andere buddhistische Heiligtümer dem Wege zur Erwachung dienen. Seine Aufgabe ist nicht nur, das Gedächtnis an den Buddha wachzurufen, sondern gewissermaßen den ganzen Kosmos und den Pfad zur Erleuchtung zu symbolisieren. Der Pilger, der in frommer pradakshina (das Umwandern von links nach rechts, unter Zukehrung der rechten Seite) die einzelnen Galerien durchmessend, zur Höhe emporsteigt, den Weg aus der Erscheinungswelt zum Nirwana erleben lassen. In wirkungsvoller Steigerung führt der Prozessionspfad aus den unteren Galerien, die durch zahlreiche Reliefs die Region der Sinnlichkeit (kamavacara) und die Regionen der reinen Formen (rupavacara) darstellen, zu dem im Kontrast dazu durch den Mangel alles figuralen Schmuckes die Sphäre der Nicht-Formen (arupavacara) charakterisierten Oberbau empor. Bis schließlich die die Krönung des ganzen Baus bildende obere Terasse erreicht wird, wo der Pilger, schon in dieser Welt gleichsam den Sphären des Irdisch-Formhaften entrückt, mystisch zum Unvergänglichen (Nirvana) eingeht. Mit seinem reichen Bilderschmuck, der dem Buddhisten das Karmagesetz und den Weg zur Buddhaschaft so eindringlich vor Augen führt, sowie mit seinem eigenartigen Spiel von Licht und Schatten, ist der Borobudur vielleicht das reifste, jedenfalls aber eines der eindrucksvollsten Kunstwerke buddhistischen Geistes. Es gibt Bücher, welche die Anlage näher mit zahlreichen Fotos beschreiben, so z.B.: Das buddhistische Heiligtum Borobudur, von Bedrich Formann. Erschienen im Artia Verlag, Prag. Borobudur wurde etwa ein Jahrhundert nach seiner Erschaffung dem Verfall preisgegeben, als das javanische Königreich in den Ostteil der Insel zog. Über die folgenden Jahrhunderte wurde die Anlage vom Erdreich und vulkanischer Asche bedeckt, bis nichts mehr sichtbar war. Schließlich im frühen 19. Jh. wurde sie von europäischen Forschern wiederentdeckt. Nach dem Ende der Sailendra-Dynastie verlor der Buddhismus seine beherrschende Stellung, die nun der Shivaismus einnahm. Das bedeutete aber nicht das Verschwinden des Buddhismus, sondern führte in der Folgezeit zu einer gegenseitigen Beeinflussung. Der Islam erreichte Sumatra um 1300 und innerhalb von zwei Jahrhunderten konvertierte die Mehrheit der Völker Sumatras, Javas und der malaiischen Halbinsel zum Islam. Als eigenständige Religion verbreitete sich der Buddhismus in Indonesien erst wieder im letzten Jahrhundert. Mit der Gründung einer buddhistischen Vereinigung auf Java 1932 hat in Indonesien ein großes Wiederaufleben begonnen. Seit einem Besuch des ehrw. Narada Thera (von Ceylon) im Jahre 1934 feiern die Buddhisten Indonesiens den Buddha-Tag in den Tempeln von Djakarta und anderen Städten. Einen entscheidenden Beitrag zur Erneuerung desBuddhismus leistete Jinarakkhita Thera, ein charismatischer Mönch, dessen Laienname The Boan An war. In Bogor geboren, studierte er in Holland Physik, trat dann aber 1953 in das Meditationskloster Sasana Yeiktha in Rangoon ein, wurde dort von Mahasi Sayadaw in die Satipatthana-Meditation eingeführt und in den Sangha aufgenommen. Seit seiner Rückkehr nach Java 1955 entfaltete Janrakkhita seine erfolgreiche Wirksamkeit zur Gründung buddhistischer Tempel, Klöster und Vereinigungen in vielen Teilen des Landes. Er sprach vor mehr als 6000 Menschen, darunter viele Beamte Indonesiens, z.B. auch der höchste Magistrat. Die Buddha-Jayanti-Feierlichkeiten anläßlich des 2500jährigen Jubiläums der Erwachung des Buddha von 1956 trugen wesentlich zu diesem Erfolg bei. Buddhistische Missionen aus Thailand und aus Sri Lanka besuchten Indonesien, und 1970 ordinierte eine Mission unter Leitung von Phra Sasana Sobhana Nanasamvara aus dem Wat Bovoranives in Bangkok eine Gruppe indonesischer Mönche und begründete damit einen selbstständigen Sangha in Indonesien. In den folgenden Jahrzehnten entstanden verschiedene andere Gruppierungen. Da der Glaube an Gott eine der Grundprinzipien des 1945 formulierten Pancasila und damit Teil der Grundgesetze Indonesiens ist, stellte sich die Frage, ob der Buddhismus "atheistisch" ist und somit seine Anerkennung als Religion unmöglich wird. Zur Anerkennung wurden vor allem zwei verschiedene Wege gesucht. Die kleinere Gruppe interpretierte das Nirvana als maha esa und führte als Rechtfertigung dafür die berühmte Stelle aus dem zum Kanon gehörigen Udana (VIII, 3) an: "Wahrhaftig, ihr Mönche, es gibt ein Ungeborenes, ein Unentstandenes, ein Ungeschaffenes, Ungeformtes. Wenn es dieses ... nicht gäbe, so wäre eine Befreiung aus der Welt des Geborenen, des Entstandenen, des Geschaffenen, des Geformten nicht möglich." Hier wird Nirvana als das "Transzendente" in der Lehre aufgefasst und somit als Entsprechung zum Gottesbegriff anderer Religionene. Die Mehrheit der aus den ursprünglichen Theravada-Gruppen hervorgegangenen Buddhisten Indonesiens gingen jedoch einen anderen Weg und bestätigten damit den Charakter des Buddhismus als einer einheimischen indonesischen Tradition. Sie schufen eine neuartige Verquickung von Theravada mit altjavanischem Buddhismus, indem sie die altjavanischen Traditionen bekannte Vorstellung vom Adibuddha ("Ur-Buddha") wiederbelebten und als den buddhistischen Gottesbegriff definierten. Diese Gruppe wurde von Jinarakkhita Thera geleitet und organisierte sich als Majelis Upasaka Pandita Agama Buddha Indonesia (abgekürzt Muabi). Man nennt diese Religionsform auch Buddhayana, womit ihr universeller Charakter als Kombination von Theravada, Mahayana und javanischen Vajrayana-Traditionen hervorgehoben wird. 1977 wurde sogar ein Buddhayana-Kloster in Den Haag in Holland und später in West-Friesland gegründet. Eine andere Gruppe indonesischer Buddhisten ging in der Erneuerung alter Traditionen noch einen Schritt weiter. Diese Gruppe nannte sich Kasogatan. Der Name ist von "Kasaugatan", dem Titel des buddhistischen Oberpriesters im vorislamischen Ostjava abgeleitet. Hier geht es um die Wiederbelebung des einheimischen javanischen Buddhismus, wie er vor der Verbreitung des Islam existierte und seinen Ausdruck im Borobudur gefunden hatte. Es gibt heute immerhin mehr als 20 Mönchsklöster und einige chinesisch-buddhistische Tempel. Mehrere Versuche zur Bildung eines Bundes der verschiedenen Gruppen Indonesiens hatten keinen dauerhaften Erfolg, doch arbeiten alle insgesamt sieben Formen des indonesischen Buddhismus in einer Förderation zusammen. Heute gibt es ca. 6 Millionen Buddhisten in Indonesien. Wesak wird als Geburtstag Buddhas gefeiert und ist in Indonesien offizieller nationaler Feiertag.
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