Das zweite Konzil.

(Culla Vagga XII)

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Im Vorblick zum zweiten Konzil ist folgendes bemerkenswert:

1. Über die Lehre war keine einzige Frage offen.

2. Über die Ordensregeln waren nur zehn Fragen aufgekommen, fast alles Kleinigkeiten. Es bestand nach wie vor die (auch heute noch geltende) Ermächtigung des Erwachten "kleinere und unbedeutendere Regeln" aufzuheben. Dazu kam es aber auch beim zweiten Konzil nach Beratung unter peinlich genauer Einhaltung der vom Erwachten gegebenen Verfahrensordnung in keinem Fall, vor allem nicht in dem einzig gravierenden Fall des Verbots von Geld für Mönche.

3. Es ist beeindruckend, wie unter dem zu Beginn des Berichts noch unauffälligen Einfluss weniger stiller Mönche, von denen einer (mit 120 Ordensjahren!) noch Schüler von Anando gewesen war - die aufgekommenen Fragen in allgemein anerkannter Weise - fast mit "leichter Hand" - geregelt wurden, so dass das Konzil mit einer ungemeinen Stärkung von Frieden und Einheit im Orden endete.

Einige Mönche aus Vesali, einer damals sehr reichen Stadt, wollten eine Lockerung in zehn Punkten durchsetzen, darunter ging es um die Annahme von Geld. Der ehrw. Kakandakaputto, der in der Nähe auf Wanderung war, hörte davon und belehrte die Anhänger von Vesali dahingehend, dass der Erwachte dies verboten habe. Die Anhänger spendeten trotzdem Geld und die Mönche aus Vesali meinten, der ehrw. Kakandakaputto würde sie diffamieren und beleidigen. Dieser stellte den entscheidenden Punkt aber noch einmal ganz klar dar, der Erwachte hatte gesagt: "Da ist der Mönch zufrieden mit dem Gewand, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit Gewand und der Almosenschale pilgert er, gleichwie ein Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt...."

Wenn ein Wunsch nach einem Sinnending aufsteigt, das der Mönch nicht mitnehmen kann, dann bewirkt das Geldverbot, dass er dem Wunsch - unter dem sanften Zwang der Verhältnisse - aufgibt und dadurch in das Wohl der Überwindung (nekkhamma) hineinwächst. Was wäre dagegen die Folge, wenn die Ordensregel neben dem wenigen erlaubten "mitnehmbaren" Besitz auch noch das leicht und verborgen transportable Geld zulassen würde? Wenn ein Wunsch nach Sinnendingen aufsteigt, dann bliebe ihm nicht nur übrig, den Wunsch dann eben aufzugeben, sondern auch im Rahmen des Geldbesitzes die Alternative, ihn zu befriedigen. Auch könnte er mit dem leicht zu verbergenden Geld seine Macht und sein Ansehen bei Menschen insgeheim mehren.

Der ehrw. Kakandakaputto konnte schließlich die Menschen davon überzeugen und die Einberufung noch anderer Mönche, darunter dem ältesten Ordenslehrer auf Erden, dem ehrw. Sabbakami, der noch mit Anando die Mönchs-Unterkunft geteilt hatte, führte zum sogenannten Zweiten Konzil. Der ehrw. Revato war es schließlich, der den Orden befragte und das Konzil verwarf all zehn Punkte als unbuddhistisch, unasketisch und vom Erwachten ausdrücklich verboten.

Von den zehn Fragen der Ordensregeln betrafen acht nur Kleinigkeiten zwischen Salzhörnchen und Sitzunterlage, aber von den beiden restlichen war der Punkt "gärenden Palmsaft trinken" schon ein klarer Verstoß gegen das allgemein, auch im Hause geltenden fünfte Sila. Der zehnte Punkt - Zulassung von Geld - hatte aber solches Gewicht, dass der älteste aller Mönche sich erbot, nach der Klärung noch einmal Rede und Antwort zu stehen. Es zeigt sich, wie gesund im Kern der Orden noch war, obwohl bereits ein Fünftel von den 500 Jahren verstrichen war, auf die der Erwachte noch den ungeschmälerten Fortbestand des "Höchsten Wandels" prognostiziert hatte.

Aber die Mönche, die Geld besitzen wollten, kehrten sich nicht darum, spalteten sich ab, schufen das erste Schisma. Über den Wortlaut der Lehre (dhamma) bestand immerhin noch Einigkeit.

Nichtsdestotrotz kam es nach dem Dammbruch des Geldannehmens von einigen Mönchen zu immer mehr Spaltungen. Von der ursprünglichen Lehre der Älteren (Thera), dem Theravada, spalteten sich siebzehn Gruppen ab, die alle das Buddhawort in Pali verwarfen und durch eine Sanskrit-Übersetzung ersetzten - eine Riesenarbeit. Dabei verkürzten, verlängerten und veränderten sie auch Lehrreden nach Gutdünken. Die Gruppen stellten lange Listen von Streitpunkten zusammen, die sie als Standarte gleichsam vor sich her trugen, um ihre Besonderheit zu beweisen. Das waren oft ganz belanglose Gesichtspunkte, über die man aber verschiedener Meinung sein konnte. Außerdem stellten sie eigenen Lehrredensammlungen zusammen und eigene Regeln. Die Lehrreden wurden auch noch tradiert, aber man interpretierte sie anders. Dabei gab es im Grunde nur zwei Neuigkeiten bzw. einseitige Extreme:

Die Pudgala-vadin warfen ein grelles Licht auf eine einzige Lehrrede (Samyutta Nikaya 22, 22), wo die Rede von einem Lastträger und von der Last (der fünf Daseinsfaktoren) ist. Sie behaupteten nun einen sechsten Daseinsfaktor, nämlich ein ewiges Ich, das aber nur ein Begriff ohne Inhalt bleiben musste.

Die zweite Gruppe lehrte "sarva asti" = alles ist, d.h. alles ist real, weshalb man sie als Sarvasti-vadin bezeichnete. Diese Anhänger eines philosphischen Realismus behaupteten, es gäbe objektive Dinge außerhalb und unabhängig von Psyche und Wahrnehmung/Bewusstsein. Vor allem stellten sie die These auf, es gäbe eine ewige, objektive Zeit ohne Anfang und Ende, innerhalb derer sich alles abspiele.

Ebenso wie die Ich-Lehre der Pudgala-vadins kam auch diese "die Welt besteht objektiv"-Lehre dem allzumenschlichen Verständnis, d.h. dem blendungsbedingten Wahn, sehr entgegen und erfreute sich sich so großer Beliebtheit, dass sie unterschwellig auch in den Theravada eindrang.  Die Sarvastivadin (und ihr Ableger, die Mula-Sarvastivadin), konnten sich auf keinerlei Aussage des Buddha stützen. Ja, sie verstießen eindeutig gegen die Aussage des Erwachten, dass außer dem Nirvana nichts ohne Bedingungen bestünde.

Zwischen diesen beiden Lehren gab es dann diverse Mischformen, die den extremen Subjektivismus und den extremen Objektivismus versöhnen wollten - aber natürlich auch nur zu neuen Gruppierungen (Nikayas) führten. So z.B. die Lokottara-vadins. Der Buddha ist, wie diese Schule meint, kein gewöhnlicher Mensch, sondern ein überweltliches (lokottara) Wesen, den Gesetzen dieser Welt nicht unterworfen. Ausgehend von der Überweltlichkeit des Buddha entwickelte sich eine metaphysische Buddhologie, in der Buddhas irdische Herkunft, wenn nicht vergessen, so doch zu einer belanglosen Phase in der unendlichen Geschichte des Buddhatums herabgemindert wird.

Auf dem dritten Konzil zur Zeit Kaiser Asokas blühten schon die diversen Sekten, und sie spalteten sich unaufhaltsam weiter, bis schließlich der Theravada aus Indien verschwand und in Ceylon Zuflucht fand, wo er im ersten vorchristlichen Jahrhundert schriftlich in Form des Pali-Kanons niedergelegt wurde. Den nach dem ersten Konzil entstandenen Texten wurde dabei der Korb der Scholastik (Abhidhamma-pitaka) den beiden ursprünglichen "Körben" hinzugefügt.

 

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