Lächelnder Buddha (Dunhuang, ca. 470 n. Chr.)

Die Ausbreitung des Buddhismus nach Turkestan (Zentralasien).

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Zu Zentralasien (Turkestan) werden heute im engeren Sinne zumeist Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan gezählt.

Die Ausdehnung erstreckte sich vor 2.500 Jahren bis in weite Teile des heutigen Afghanistan, Pakistan (Gandhara), Iran und Xinjiang (heute China). Man vergisst allzu leicht, dass Zentralasien für nahezu ein Jahrtausend Zentrum einer Weltkultur war, in dem sich, begünstigt durch seine Lage an der den Westen mit dem Osten verbindenden Seidenstraße, die geistigen Strömungen aus China und Byzanz, aus Indien und der islamischen Welt begegneten und gegenseitig durchdrangen.

Takht-i-Bahi zum Beispiel im heutigen Pakistan gehört zu den eindrucksvollsten Zeugen für das buddhistische Klosterleben während der ersten Periode seiner Ausbreitung im 1. Jh. n. Chr. Die Klostermauern sind noch vorhanden, von Kolossalstatuen des Buddha sind nur noch Spuren zu sehen.

Der berühmte chineische Pilger Hsüan-Tsang berichtete aus dem 7. Jahrhundert bei seiner Reise durch das damalige Turfan (eine der heutigen berühmten archäologischen Fundstätten in Turkestan) über seine Eindrücke. Heute nahezu ausgestorben, führte es damals ein intensives wirtschaftliches, politisches und kulturelles Leben. Es war eine indoeuropäische Bevölkerung, die einen Dialekt sprach, welcher Affinitäten zum Slawischen und Italo-Keltischen erkennen ließ. Die Fresken von Turfan stellen zudem zahlreiche Personen mit blaugrauen Augen und roten Haaren dar, bestimmten europäischen Typen ungemein verwandt.

Seit jeher gab es auch viele Sprachen, da die Karawanenwege der berühmten Seidenstraße hier entlang gingen. Im Bereich der Sprache türmten sich zunächst gewaltige Hindernisse für die Ausbreitung des Buddhismus auf. Sobald die Mission das indo-arische Sprachgebiet überschritt, stand sie der schier unübersehbaren Sprachenvielfalt Zentralasiens gegenüber.

Von Kaschmir verbreitete sich der Buddhismus, vor allem jener der Sarvastivadins, in das nahe Turkestan. Genau wie nach China kamen hier die ersten von König Asoka ausgesandten Missionen im 2. und 1. Jh. v. Chr. nach Turfan. Im ersten nachchristlichen Jahrhundert auch in das damalige große Reich der Kusana. Im Kusana-Reich gewann der Buddhismus eine sehr starke Position. Kaniska, der bedeutendste der Kusana-Herrscher, förderte ihn sehr. Auf Münzen, die Kaniska prägen ließ, findet man neben verschiedenen Gottheiten auch den Buddha. Es war die Kusana-Zeit, in der der Buddhismus sich endgültig in Mittelasien (Westturkestan) etablierte. Davon zeugen vor allem die zahlreichen archäologischen Stätten buddhistischer Prägung.

Schriftliche Quellen verbinden mit Westturkestan die Werke bedeutender Buddhisten. Ghosaka, einer der Teilnehmer am buddhistischen Konzil von Purusapura (eines der beiden "Vierten Konzile"; das andere fand in Sri Lanka statt), wirkte aktiv bei der Verbreitung der Lehre der Vaibhasika-Sarvastivadins.

In Ostturkestan hat man viele tausend buddhistische Handschriften, die aufgrund günstiger klimatischer Bedingungn erhalten geblieben waren, entdeckt. Die erste Spur wissenschaftlicher Hinterlassenschaften des Buddhismus in Ostturkestan war die berühmte Prakrit-Handschrift des Dhammapada, geschrieben in Kharosthi-Schrift. Sie wurde in der Nähe des Klosters Gosringa, welches sich im frühen Mittelalter hier befand, gefunden. Die meisten Verse haben ihre genaue Entsprechung im Pali-Dhammapada, doch es gibt auch wesentliche Unterschiede. Auch eine Version des Udana wurde gefunden.

Ca. im 3. Jh. n. Chr. herrschten in Turkestan die mahayanischen Lehren vor. Die Königreiche von Kashgar, Khotan und Lou-lan traten die Nachfolge des zerbrochenen Kusana-Reiches an. Die Khotan-Region, eine der ausgedehntesten Oasen der südlichen Seidenstraße war im 4.-5. Jahrhundert Zentrum buddhistischer Gelehrsamkeit für Zentralasien geworden. Dank der Bemühungen einheimischer khotanesischer Buddhisten gelang es sogar, eine buddhistische Literatur in khotanesischer Sprache zu schaffen. Man findet in Khotan eine enge Verbindung zwischen Herrscher und buddhistischem Sangha. Es war der König, der den Buddhismus in Khotan einführte und für seine Verbreitung sorgte. Die Könige ließen viele buddhistische Bauwerke errichten; sie nahmen an allen religiösen Zeremonien teil, waren bei Disputen anwesend. Auch der Hochadel war offenbar eifrig darauf bedacht, den Buddhismus zu fördern: durch Stiftung von Bauten, Gründung und Erhaltung von Klöstern, Stiftung von Statuen usw.  Gleichzeitig aber kam es zu gewissen Konflikten zwischen dem Sangha und der weltlichen Aristokratie. In den "Weissagungen über Gosringa" (zweite Hälfte des 7. Jh.) findet sich eine Bemerkung, dass die Lebensführung eines Teils der vornehmen Adligen, der Minister und der Grundeigentümer den Grundsätzen der buddhistischen Religion nicht entspräche und sie daher nicht als deren würdige Förderer gelten könnten.

Anfang des 9. Jahrhunderts aber eroberten Moslems das Gebiet. Danach wurde der Islam in Khotan zur offiziellen Religion erklärt. Das Jahr 1000 bezeichnet im westlichen Zentralasien ungefähr den Beginn eines raschen Verfalls des Buddhismus.

Die meisten archäologischen Funde in der Region von Turfan stammen aus der Zeit der uigurischen Herrschaft (750 bis 850 n.Ch.). So berichtet der Pilger Hsüang Tsang über die Fresken von Bäzäklik, welche Buddhas oder einzelne Bodhisattvas darstellen. Heute ist das Gebiet der buddhistischen Höhlentempel aus dem 5. - 9. Jahrhundert unter dem Namen "Die Höhlen der tausend Buddhas" bekannt. Diese Höhlen wurden in die Denkmalliste der Volksrepublik China aufgenommen. Der Schmuck der Zellen in den Höhlenklöstern erlaubt uns einen Einblick in das tägliche Leben der buddhistischen Mönche. Denn neben Abbildungen aus kanonischen oder erzählenden Schriften finden sich auch Porträts von Mönchen, die manchmal sogar ihre Namen tragen. Die Fülle der Bilder und ihre hohe künstlerische Qualität deuten auf den Wohlstand der buddhistischen Gemeinde hin. Selbst als Ruinen sind die Klöster eindrucksvolle Zeugen einer untergegangenen Architektur und mönchischen Kultur.

Das ganze soziale Leben in Turkestan war vom Buddhismus geprägt. Er drückte der Ideologie ebenso seinen Stempel auf wie der Literatur oder der Kunst. Es hat sich der Buddhismus über fast ein Jahrtausend hin entwickelt und Wurzeln geschlagen. Zu dem ganzen Thema ist das Buch: "Die Geschichte des Buddhismus in Ostturkestan" von Boris A. Litvinsky zu empfehlen.

Durch die tibetischen Okkupationen ging der Buddhimus in Turkestan mehr und mehr in den tibetischen Ideenkreis auf und gesellte sich zur großen Menge der tantrischen oder lamaistischen Schulen.

 

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