Der Buddhismus in der Mongolei.

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Im Laufe der Geschichte verbreiteten die Tibeter den Buddhismus unter verschiedenen nicht-tibetischen Völkern. Wo immer dies geschah, behielt der Buddhismus seine besondere tibetische Erscheinungsform bei. Die weitaus bedeutendste Region, die den tibetischen Buddhismus annahm, war die Mongolei.

Laut tibetischen Quellen soll Dschingis Khan, der König der Mongolen im 13. Jahrhundert verlangt haben, dass Tibet sich ihm unterwerfe. Die Tibeter, zu einer Zeit, als die religiöse und politische Landschaft des Landes allmählich Gestalt annahm, entschieden sich für Verhandlungen mit dem mächtigen und unbeugsamen Nachbarn. Ein Lama aus dem Karmapa-Orden, Tsangpa Dungkhurba, begab sich in eine Provinz, die soeben erobert worden war. Bei seiner Ankunft starb Dschingis Khan (1227); der Mönch brachte aber immerhin einen Toleranzerlass für die buddhistische Religion mit nach Hause. Zu den Enkeln von Dschingis Khan unterhielten die Tibeter immer wieder enge Kontakte, denn nur eine pazifistische Grundhaltung bot Gewähr für die Erhaltung der Autonomie.

Erst Sonam Gyatso (1543-1588) brachte die Verbreitung der Lehre zum Erblühen. Dies geschah dadurch, das Altan Khan, der damalige Fürst der Tümed-Mongolen, im Jahre 1576 eine Delegation an Sonam Gyatso sandte. Sonam Gyatso hatte ein hohes Ansehen weit über die Grenzen Tibets hinaus. Der Khan aber hatte drei Jahre vorher, als er einen siegreichen Feldzug gegen den rivalisierenden Nomadenstamm der Tangüt unternommen hatte, unter seinen Gefangenen auch zwei Gelugpa-Mönche vorgefunden. Diese vermochten die Aufmerksamkeit des alternden Khans (er war 1506 zur Welt gekommen) auf sich zu lenken; in Gesprächen überzeugten sie ihn davon, dass er und sein Volk ihr Verhalten grundsätzlich ändern sollten.

Die erste Begegnung zwischen dem Mongolenherrscher und Sonam Gyatso fand im Jahre 1578 statt. Danach predigte er mehrere Monate lang über einen Dolmetscher die Lehre des Buddha, und dass die Mongolen Mord, Plünderung usw. stoppen sollten und dem Weg des Guten folgen sollten. Schließlich erließ der Khan neue Gesetze, die z.B. alle Bewohner anwies, ein tugendhaftes Leben zu führen und die Drei Juwelen (Buddha, Dhamma, Sangha) zu ehren.

Schließlich verlieh Altan Khan, um seinen Gast Sonam Gyatso mit einer Würde auszuzeichnen, die ihn über die gewöhnlichen Menschen erheben würde,  den Titel Dalai, was in der mongolischen Sprache "Ozean" (worin "Weisheit" eingeschlossen ist) bedeutet. Dieser Ausdruck entspricht dem tibetischen Gyatso, und das Wort ist im Alltagsgebrauch in der Form von "Dalai Lama" erhalten geblieben und hat dadurch eine besondere Weihe erhalten.

Aus Bescheidenheit, und um die beiden Lamas, als deren Reinkarnation er sich betrachtete, in die ihm zuteil gewordenen Ehrung mit einzubeziehen, setzte sich Sonam Gyatso dafür ein, dass Gendün Drub und Gyalwa Gendün Gyatso als der erste und zweite Dalai Lama anerkannt wurden. Er war nun der "dritte Dalai Lama".

Erdene Dsuu war das erste Kloster des Buddhismus in der Mongolei. Es wurde 1586 von Abtai Sain Khan gegründt. Benannt ist es nach einem Bild einer Gottheit, das im Kloster aufgestellt war. In der etwa 400 mal 400 Meter großen Klosteranlage lebten über 1000 Mönche. In der gesamten Mongolei wurden Klöster errichtet, häufig an Handelswegen, Migrationsrouten oder den Sommerweiden gelegen, wo die Hirten sich zu schamanistischen Ritualen und Opfern versammelten. Die buddhistischen Mönche führten einen langwierigen "Kampf" gegen den Schamanismus und übernahmen teilweise von diesem die Rolle als Heiler, Wahrsager und Abgabenempfänger.

Die Mongolei wurde zu einem Bollwerk der Tibetischen Gelugpa-Schule, und ein Jahrhundert später halfen die Mongolen Ngawang Lobsan, dem 5. Dalai Lama, sich und seine Nachfolger als tibetische Staatsoberhäupter zu etablieren.

Im 17. Jahrhundert hielt in der Mongolei auch das Tulku-System seinen Einzug. In der Stadt Urga (heute Ulan Bator) residierten von dieser Zeit an bis 1924 die Wiederverkörperungen des Maidari Hutuktu, von denen der erste ein 1635 geborener Sohn des Fürsten der Qalqa-Mongolen war. Der Buddhismus und das buddhistische Mönchtum haben auch hier eine bedeutende politische Rolle gespielt. Über die Jahrhunderte erwarben die Klöster Reichtümer, sie steigerten stufenweise Vermögen und Macht, woraus auf Seiten des mongolischen Adels ein Absinken resultierte.

In den 1920er Jahren gab es ungefähr 110.000 Mönche, auch wenn eine große Zahl außerhalb der Klöster und nicht nach deren Regeln lebten. Bis zum zwanzigsten Jahrhundert war der Buddhismus Teil der mongolischen Kultur, und die Bevölkerung unterstützte bereitwillig Lamas und Klöster.

1924 wurde die Äußere Mongolei jedoch mit russischer Unterstützung in eine Volksrepublik umgewandelt, und 1930 begann das Regime eine gewalttätige Kampagne gegen die Klöster und gegen die Religion allgemein, in deren Verlauf über 700 Klöster und Tempel zerstört wurden.

Ende der 1940er Jahre wurde ein Kloster in Ulan Bator, das Ganden-Kloster, wiedereröffnet. Es war lange das einzige seinem Zweck dienende Kloster des Landes. Ansonsten war die Ausübung der Religion praktisch verboten. Einige alte Klöster überlebten als Museen; das Ganden-Kloster diente als lebendes Museum und als Touristenattraktion. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass der Buddhismus unter den Mongolen lebendig geblieben ist; schätzungsweise 20.000 Menschen wohnten einer Lehrrede bei, die der Dalai Lama im Juni 1979 bei seinem Besuch in Ulan Bator hielt. 1982 führte der Dalai Lama eine Yamantaka-Initiation für 140 Lamas durch.

Nach der politischen Wende von 1991 erblühte der mongolische Buddhismus erneut. Das Ganden-Kloster wurde zur Anlaufstelle von Mongolen sowie Russen, Burjaten, Kalmücken und Tuwinen wie auch der Bewohner der autonomen chinesischen Inneren Mongolei. 140 Klöster mit heute etwa 2500 Mönchen wurden rekonstruiert. Der Dalai Lama weihte 1991 eine Reihe von Klöstern ein. Auch buddhistische Schulen aus anderen asiatischen Ländern unterstützten den Wiederaufbau des religiösen Lebens in der Mongolei.

 

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