Schrein mit vier Buddhas (China, Qi-Dynastie, 550-577).

 

Träger der buddhistischen Überlieferung war der buddhistische Sangha (Orden), die aus der alten indischen Tradition von Wanderasketen hervorgegangene Gemeinschaft von Mönchen und Nonnen.

 

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Der Sangha bestand aus einer Vielzahl einzelner Mönchs- bzw. Nonnen-Gemeinden, die ihre Angelegenheiten gemäß den vom Buddha erlassenen Rechtsregeln selbstständig ordnen konnten und sollten.

Sinn und Zweck der Gründung der Ordensgemeinschaft und der für sie erlassenen Regeln war es, in dieser Welt Voraussetzungen für ein erfolgreiches Streben nach Erlösung zu schaffen, dabei sicherzustellen, dass die Mönchsgemeinde der Unterstützung durch die Laienanhängerschaft würdig ist, sowie dafür zu sorgen, dass das Wissen um den Erlösungsweg weitergegeben wird. Die Mönche und Nonnen konnten den Orden jederzeit wieder verlassen, ohne dadurch in Konflikt mit dieser Gemeinschaft zu geraten, wenn sie glaubten, die Regeln nicht einhalten zu können. Sie brauchten ihren Willen dazu lediglich vor Zeugen zu erklären und die Robe ablegen. Wenn sie allerdings während ihrer Zugehörigkeit zum Sangha die Grundpflichten des geistlichen Lebens verletzten, so verloren sie allein schon durch dieses Verhalten unwiderruflich ihre Zugehörigkeit zum Orden. Diese als parajika bezeichneten Vergehen werden daher auch am Anfang des Vinaya-pitaka dargelegt.

Die gesamten Ordens-Regelungen sind in diesem Vinaya-pitaka festgelegt, einem Rechtstext, der uns von verschiedenen Traditionslinien der frühen buddhistischen Überlieferung in etwas voneinander abweichenden Versionen überliefert wird. Auch diese Abweichungen beruhen auf der Entscheidung des Buddha, keine Kodifikation seiner Lehre in Form eines Corpus heiliger Texte nach dem Vorbild des Veda zu erlauben, sondern ihre freie Überlieferung in den gesprochenen Sprachen vorzusehen.

Dieses Ordensrecht war naturgemäß Verbandsrecht nur der buddhistischen Ordensgemeinschaft; es wurde erdacht und weiterentwickelt, um die Rechtsverhältnisse ihrer Mitglieder einheitlich zu regeln. Als Vorbild haben Verfahrensregeln gedient, die in den altindischen Adelsrepubliken üblich waren; bekanntlich stammte der Buddha aus einem solchen Staatswesen.

Der Buddha hat keinen Nachfolger als Oberhaupt der von ihm gegründeten Ordensgemeinschaft eingesetzt; allein die von ihm verkündete Lehre und das von ihm erlassene Gesetz sollten nun als seine Stellvertreter dienen.

Im Vinaya-pitaka der Theravadins wird in großen Teilen die Entstehung der Ordensregeln geschildert und so kann man daraus die Entstehungsgeschichte des Ordens ablesen, also die früheste "Geschichtsschreibung" des Buddhismus. Und es hat sich gezeigt, dass, wie überall in den ältesten überlieferten Schriften des Buddhismus, trotzdem zuerst die klare, kühlende Brise der vollendeten Weisheit des Erwachten gespürt wird. Darauf baut sich alles auf, der Orden, die Ordensregeln, die Bewältigung von Krisen im Orden, die Laiengemeinde und ihre Beziehung zu den Mönchen und Nonnen.

Alle Einzelgemeinden regelten ihre Angelegenheiten durch Beschlüsse in Versammlungen, in denen alle Mönche eines bestimmten Bezirks vollständig versammelt sein mussten. Andernfalls waren die Beschlüsse ungültig. Für die meisten Beschlüsse war Einstimmigkeit erforderlich.

Die buddhistischen Gemeinden waren an verschiedenen Orten unterwegs, auch ohne Kontakt untereinander und so gab es schon bald verschiedene Gruppen, die jeweils eigene kanonische Texte tradierten und es kam dazu, dass mit der Zeit divergierende Ansichten hervortraten, wie Lehre und die Ordensregeln auszulegen seien und so entstanden verschiedene Schulrichtungen (sog. Nikayas).

Die erste größere Spaltung der buddhistischen Gemeinde ereignete sich etwas über 100 Jahre nach dem Hinscheiden des Buddha beim sogenannten 2. Konzil.

Es gab fortan zwei größere Strömungen:

Sthaviravadins ("die ältere Gemeinde") und Mahasamghikas ("der große Orden"). Aus diesen beiden entwickelten sich weitere Untergruppierungen.

Nach einigen weiteren Jahrzehnten wurden ca. 18 verschiedene buddhistische Richtungen gezählt. Eine der aus den Sthaviravadins hervorgegangene Schulrichtungen war die Gruppe der Vibhajyavadins (3. Jh. v. Chr.) Deren Anhänger betrachteten die eigene Anschauung als diejenige, die völlig der ursprünglichen Lehre des Buddha entsprach und keine Neuerungen enthielt. Daher nannten sie sich Theravadin, "die Älteren". Der von ihnen initiierte Theravada-Buddhismus hielt in Süd- und Südostasien Einzug. Nach Sri Lanka gelangt, wurde dort von den Theravada-Mönchen der erste Gesamtkanon im 1. Jh v. Chr. schriftlich niedergelegt. Bis dahin war die Weitergabe der Lehre ausschließlich mündlich geschehen. Diese Pali-Version der Theravada-Mönche ist der sogenannte Pali-Kanon, der von allen Buddhisten anerkannt wird. Er besteht aus "drei (mit Texten gefüllten) Körben" (tipitaka) und geht zurück auf das erste große Konzil, welches nach dem Hinscheiden (parinibbana) des Buddha abgehalten worden war. Diese große Textsammlung ist dem Buddhisten das, was dem Christen die Bibel, dem Muslim der Koran ist. Nur dieser eine Kanon liegt vollständig editiert und in westliche Sprachen übersetzt vor.

Sanskrit-Texte anderer buddhistischer Richtungen sind zwar zu Anfang des vorigen Jahrhunderts an der zentralasiatischen Seidenstraße aufgefunden worden, aber ihre philologische Erschließung und vergleichende Einordnung braucht viel Zeit. Diese Manuskripte gehen auf die ersten Jahrhunderte n. Chr. zurück und sie waren die Grundlage für die vielen indisch buddhistischen Texte, die, von verschiedenen Versionen ausgehend, ins Chinesische übersetzt wurden.

Vom 7. oder 8. Jahrhundert an übersetzte man sie auch ins Tibetische. Diese Übersetzungen sind heute von entscheidender Bedeutung, weil viele Originale verloren sind: Sie waren mündlich von Mönchen und schriftlich in klösterlichen Bibliotheken aufbewahrt worden; während der muslimischen Invasion zwischen dem 8. und 13. Jh. aber wurden die Mönche getötet oder versprengt, die Bibliotheken verbrannt. So kommt es, dass die Literatur des indischen Buddhismus heute vor allem in chinesischen und tibetischen Übersetzungen zugänglich ist.

Ein interessantes Buch ist:  "Die Worte des Buddha in den Sprachen der Welt" aus der Bayerischen Staatsbibliothek, erschienen zur gleichnamigen Ausstellung im Jahre 2004. Allen geschichtlich Interessierten sei es empfohlen.


 

INHALTSVERZEICHNIS (Geschichte des Buddhismus)

 

 1. Das erste Konzil

 2. Die ersten hundert Jahre

 3. Das zweite Konzil

 4. Das dritte Konzil. Die Anfänge der buddhistischen Weltmission

 5. Die folgenden Jahrhunderte in Indien

 6. Das Ende des Buddhismus in Indien

 7. Der Theravada-Buddhismus in Sri Lanka

 8. Die Ausbreitung des Buddhismus nach China

 9. Die Ausbreitung des Buddhismus nach Turkestan (Zentralasien)

10. Der Vajrayana-Buddhismus in Tibet

11. Der Zen-Buddhismus in Japan

12. Der Theravada-Buddhismus in Myanmar (Burma)

13. Der Theravada-Buddhismus in Thailand

14. Der Theravada-Buddhismus in Kambodscha

15. Der Theravada-Buddhismus in Laos

16. Der Buddhismus in Vietnam

17. Der Buddhismus in Korea

18. Der Buddhismus in Indonesien

19. Der Buddhismus in Malaysia

20. Der Buddhismus in Nepal

21. Der Buddhismus in Bhutan

22. Der Buddhismus in der Mongolei

23. Der Buddhismus in der Russischen Föderation

24. Der Buddhismus in Europa

25. Der Buddhismus in Nordamerika

 


Zur jetzigen Lage und zur Zukunft des Buddhismus in den traditionell buddhistischen Ländern, gesehen von westlichen Theravada-Mönchen, gibt es zwei empfehlenswerte Bücher, die sich (kritisch) mit dieser Thematik beschäftigen:

1. Wege in die Zukunft. Von Bhikkhu Bodhi. Herausgeber: Theravada-Netz der DBU.

2. The Broken Buddha. Von Bhante S. Dhammika. Herausgeber: Edition Steinrich.

Das letztgenannte Buch kann über folgenden Link eingesehen werden: Broken Buddha